Ostern braucht Zeugen

Liebe Landsleute, die ihr im Böhmerwald oder dann in Deutschland oder Österreich geboren seid!
Ostern hatte im Böhmerwald seine eigenen Traditionen. Ich erinnere nur an das Eierpecken, Eierkratzen und an die gefärbten Eier, die an die Liebsten verschenkte wurden. Vom kirchlichen Kalender her hat Ostern für uns eine zentrale Bedeutung für unseren Glauben. Von außen und von ungewohnter Seite will ich mich hier unserem Hochfest Ostern nähern, und zwar unter dem Stichwort „Verantwortung“ und „Zeugen sein“. Aufmerksame Beobachter stellen ja fest, dass viele keine besondere Lust haben, für den Staat oder die politische Gemeinde Verantwortung zu übernehmen. Man muss nur beispielsweise auf die Nachwuchs-Organisationen der Parteien blicken. Es sollten viel mehr junge Leute sein, die sich hier engagieren. Fragt man nach Gründen dieser Verdrossenheit an den Verbänden und am Staat, so trifft man schnell auf das Allzu-Menschliche. Dann heißt es: „Die Politiker sind irgendwie unglaubwürdig“, … „Die Gewerkschaft ist irgendwie unglaubwürdig“, … Und noch dazu: „Die Kirche ist irgendwie unglaubwürdig“.

Auf ihre Glaubwürdigkeit werden alle Träger von Autorität abgeklopft. Eltern sind es längst gewohnt, dass ihre Kinder drauf schauen, ob die elterlichen Ermahnungen auch dem elterlichen Verhalten entsprechen. Predigthörer nehmen eine Predigt dann an, wenn der Prediger ihnen in seinem Leben glaubwürdig erscheint. Und wenn Politiker davon sprechen, dass alle ein Opfer bringen müssen, dann forscht man eifrig, ob sie sich nicht womöglich selber zu viel schenken lassen, und wenn es nur eine läppische Eintrittskarte zu einem Fußballspiel ist.

Vielleicht ist damit deutlich, dass „Glaubwürdigkeit“ die Kirche angeht, die Pfarrer oder die Pastoralreferentinnen und Pastoralreferenten. Letztlich tragen wir alle in der Kirche Verantwortung für den Glauben. Wer ist denn die Kirche, wenn nicht wir alle? Bei der Glaubwürdigkeit sind also alle angefragt, die „Großen der Kirche“ ebenso wie der so genannte „kleine Mann auf der Straße“, Jüngere genauso wie Ältere.
Und damit bin ich schon lange bei Ostern! Denn Ostern lebt davon, dass die Apostel und die Frauen überzeugt waren und bezeugt haben, dass Jesus auferstanden ist. Auch unser Glaube heute lebt von der Glaubwürdigkeit dieser ersten zeugen, der Apostel und der Jüngergemeinde. Die Christenheit braucht Frauen und Männer, die den christlichen Glauben und die christliche Liebe in einer ununterbrochenen Kette bezeugen. Wir können tatsächlich aus der Kirchengeschichte viele Christinnen und Christen aufzählen, die glaubwürdig lebten und leben, die Zeugnis ablegten von ihrer Erfahrung mit Jesus. Wohl jeder kann da mit seinem Namensheiligen aufwarten. Und wer nur ein bisschen von der Namenspatronin und dem Namenspatron weiß, kann von deren überzeugenden Leben berichten.

Beim Stichwort „Glaubwürdigkeit heute“ dürfen wir an Heilige und Selige aus der Vergangenheit der Kirche denken, aber auch an große Gestalten unserer Zeit. Da gehen einem leicht die bekannten „üblichen“ Namen von den Lippen: Mutter Teresa, Prior Roger Schutz, Albert Schweitzer, Papst Johannes XXIII, Pater Franz Reinisch, Franz Jägerstätter, Dag Hammerskjöld, … Sie alle sind tatsächlich heute bekannte Zeichen für glaubwürdiges Christsein.

Man könnte aber auch Namen von Menschen nennen, die keine Christen sind und die sehr glaubwürdig lebten. Ich denke beispielsweise an den Inder Mahatma Gandhi. Er war Hindu, konnte aber die Bergpredigt Jesu auswendig und lebte danach; er stiftete Frieden im eigenen Herzen und im eigenen Volk. Seine Glaubwürdigkeit kam aus dem Gebet.
Zu nennen sind beim Thema „Glaubwürdigkeit“ sicher auch unsere Eltern. Als glaubhaftes Vorbild für die Kinder rangieren sie ganz vorne! Und dann wären als Vorbilder der Glaubwürdigkeit viele, viele andere Mitchristen zu nennen,
... die tun, was vor Gott richtig ist, die als Christen leben, unabhängig vom Verhalten anderer und von der veröffentlichten Meinung;
... die treu leben und die Treue halten, ganz gleich, wie die „gekrönten Häupter“ unserer Zeit sich benehmen oder danebenbenehmen;
... die zuverlässig sind und auf deren Wort man sich verlassen kann;
... die einfach leben, ohne deswegen immerzu neidisch auf andere zu blicken;
... die verschwiegen sind und ein Geheimnis wahren können.
Solche Menschen sind wirklich glaubwürdig! Sie leben Ostern! Glaubwürdigkeit ist eine österliche Verhaltensweise des Alltags, die uns allen nottut.

Pallottinerpater Josef Danko, † 08.02.2008

Bildungshaus St. Josef,
Schloss Hersberg 1, 88090 Immenstaad a. B.
(Heimatgemeinde Gerbetschlag bei Hohenfurth)

Zum Seitenanfang