Pfarrer Hermann Differenz

Geistliches Wort - 05|2023

„Maria, Hilfe der Christen“

Zuerst darf ich mich kurz vorstellen. Ich bin Pfarrer Hermann Differenz, seit 2018 tätig als Pfarrvikar in der Pfarrgruppe Hanau Steinheim und Klein Auheim.

Mein Vater Willi stammte aus Deutsch-Reichenau bei Gratzen (Lenzn war der Hausname). Mit ihm und meiner Mutter bin ich am 25.07.1980 zum ersten Mal in den Böhmerwald gefahren und auf dem Weg nach Reichenau trafen wir einen deutschstämmigen Tschechen, der in Deutsch-Beneschau lebte. Er bat uns doch seine alte Mutter dort zu besuchen. Sie hat sich sehr darüber gefreut, besonders als sie feststellte, dass Ihre Großmutter eine Frau Hammer im Reichenauer „Beim Tonai“ (dem Nachbarhaus meines Vaters) einst geboren worden war. Als ich im Jahr 1990 dann nach dem Fall des eisernen Vorhangs zu zweiten Mal im Böhmerwald war und wir in Beneschau eine Hl. Messe gefeiert haben, fragte ich ihren Sohn der Küster Franz Opelka, wie es denn der Mutter geht. Seine Antwort war: „Do brauchst`gor net higaih, die schaut nur noch an die Decken.“
Wir gingen dennoch hin und ich habe sie angesprochen, doch es kam keine Reaktion, auch beim Vater unser hat sie nicht reagiert, auch nicht beim Segen, immer blieb ihr starrer Blick und sie kauerte auf der Seite liegend in ihrem Bett. Doch als ich dann das alte Marienlied: „Meerstern ich dich grüße, o Maria hilf!“ anstimmte, da schob sie unter der Bettdecke die Hände, zum Gebet gefaltet hervor und ihre Schwiegertochter Margeta, sagte leise auf slowakisch zu ihrem Mann: „Das hat sie verstanden!“
Unvergesslich ist mir diese Begegnung und die Erfahrung, die ich immer wieder machen konnte, wie tief ein Lied in die Herzen geht.
Wie oft hat man in alter Zeit dieses Lied gesungen und so verknüpft sich mit der Melodie eben auch die Erinnerung an die Wallfahrten, an die Maiandachten und an manche persönliche Not, aus der man innig diesen Ruf gesungen oder gebetet hat: „O, Maria hilf!“

Am 24. Mai ist das wenig bekannte Fest: „Maria, Hilfe der Christen“.

Es erinnert an die Erfahrung des Papstes Pius VII, den der Kaiser Napoleon, schon genau wie seinen Vorgänger den Papst Pius VI. einsperren ließ. Der Vorgänger war in dieser Haft gestorben.

Am 17. Mai 1809 traf dann auch den nächsten Papst das Schicksal der Gefangenschaft. Der Papst sprach in seiner Not den Bann über Napoleon aus, doch der Kaiser sagte spöttisch:“ Der Papst irrt sich, wenn er meint sein Bannstrahl risse meinen Soldaten das Gewehr aus der Hand.“ Der Papst war in strenger Einzelhaft bei Schmalkost, die Bücher wurden ihm weggenommen und man nannte ihn damals spöttisch: Pius den Letzten. Dem Papst blieb das Gebet und das tiefe Vertrauen, mit dem er sich unter den Schutz der Muttergottes stellte. Nach drei Jahren wurde er von Savona auf ein Schloß in der Nähe von Paris gebracht. Doch der Russlandfeldzug scheiterte und der Kaiser selbst kam dann 1814 und 1815 zweimal in Haft.

Zwei Millionen Franken hatte Napoleon dem Papst zum Verzicht auf den Kirchenstaat geboten, nun wurden ihm zwei Millionen Franken geboten, um auf die Kaiserwürde zu verzichten. Fast sieben Jahre lebte der alte Papst in der Verbannung, fast sieben Jahre war nun auch dann Napoleon in der Verbannung bis zu seinem späteren Tod, doch am 24. Mai 1815 konnte der alte Papst wieder nach Rom zurückkehren und zum Dank führte er an diesem Tag das Fest „Maria, Hilfe der Christen“ ein.

So wollen wir auch uns in den Nöten dieser Zeit unter den Schutzmantel der Muttergottes stellen. Im Blick auf die Kriege und ihre Folgen, im Blick auf unsere Kirche in Europa, auf der Suche nach dem richtigen Weg der Erneuerung und in unseren ganz persönlichen Nöten und Fragen. Rufen und Singen wir allein oder miteinander und füreinander:

„O, Maria hilf! Maria hilf uns allen,
aus unsrer tiefen Not!“

Ihr
Hermann Differenz (Pfarrvikar)

Zum Seitenanfang